Im Rahmen des Unterrichtsvorhabens „Friedl Dicker – Ästhetisierung einer Biografie“ setzte sich der Darstellen-Gestalten-Kurs des Jahrgangs 10 in dem ersten Quartal des Halbjahrs intensiv mit Leben, Werk und pädagogischem Wirken der Künstlerin Friedl Dicker auseinander. Der Kurs entwickelte im Sinne des biografischen Theaters eigene kreative Darstellungen und Gestaltungen, die sich körper-, wort-, musik- und bildsprachlich mit dem Lebenswerk von Friedl Dicker-Brandeis auseinandersetzten. Friedl Dicker arbeitete während ihrer Inhaftierung im KZ Theresienstadt mit Kindern und nutzte die Kunst als Mittel der Hoffnung, des Ausdrucks und der inneren Freiheit.
Ein besonderer Höhepunkt des performativen Projekts war der Besuch der Inszenierung „Friedl Dicker“ im HELIOS Theater Hamm am 21. November 2025. Das Stück „Friedl Dicker“ erzählt das Leben der Friedl Dicker — einer vielseitigen, mutigen und kunstbegeisterten Frau, Schauspielerin, Bühnen- und Innenarchitektin, Malerin und Bauhaus-Studentin. Die Inszenierung wählt einen multiperspektivischen Ansatz: Sie lässt drei Schauspielerinnen gleichzeitig agieren — sie verkörpern nicht nur Friedl Dicker, sondern wechseln zwischen Erzählerinnen, Kommentatorinnen und unterschiedlichen Perspektiven, was eine vielschichtige Darstellung ihrer Biografie und ihres Umfelds ermöglicht. Auch die Bühne selbst war Teil der künstlerischen Aussage: Das Bühnenbild greift Elemente der Bauhaus-Ästhetik auf, nutzt bewegliche Materialien, Projektionen und Objekte, wodurch ein Raum mit offenem Charakter entsteht, der ständiges Wechseln und Umgestalten erlaubt. Durch die Authenzität der Materialien war die geschaffene Kulisse sehr eindrucksvoll: Material von Zeitzeug*innen, historische Filmsequenzen und Projektionen verknüpfen das Leben Friedl Dickers mit der Zeit des Nationalsozialismus und machen die Schrecken dieser Epoche im Publikum fühlbar.
Im Anschluss an die Aufführung hatten die Schülerinnen die Gelegenheit, mit dem Ensemble ins Gespräch zu kommen. In diesem Reflexionsgespräch berichteten die Darstellerinnen von ihrer intensiven Auseinandersetzung mit der Biografie Friedl Dickers, dem Probenprozess und den Herausforderungen, ein so sensibles historisches Thema künstlerisch zu gestalten. Die Schauspielerinnen erzählten, wie es für sie war, verschiedene Rollen, Perspektiven und Emotionen gleichzeitig zu verkörpern. Besonders eindrucksvoll für den Kurs war zu erfahren, wie sorgfältig das Team recherchiert hat, um Friedl Dickers Lebensgeschichte respektvoll auf die Bühne zu bringen.
Das HELIOS-Theater Hamm schafft mit seinem ästhetisch-pädagogischen Anspruch intensive Theatererlebnisse, die lange nachwirken. Wir freuen uns bereits auf den nächsten Besuch im Frühjahr 2026.
(Text und Fotos: PHL)